Subconcious Enjoyment

zu Johannes Brahms: Klaviertrio, op.8, Allegro con moto

Buntstiftzeichnung, Acryl auf Malplatte, Origami aus handgefertigtem Faksimile von Brahms' Autograph des Klaviertrios, op. 8

70 x 50 cm

 

DAS MYSTERIUM DES AUFTAKTS

 

Der Dirigent hebt seine Hand,

bevor der erste Ton erklingt,

und wird von Stille übermannt,

die den gesamten Saal durchdringt.

 

Auch das Orchester scheint erstarrt.

Die Bögen hängen in der Luft.

Man schweigt und späht und lauscht und harrt.

als wäre alle Zeit verpufft.

 

Sie wirkt nur einen Augenblick,

die weltentrückte Zaubermacht.

Da plötzlich kehrt die Zeit zurück

und fegt als Klangrausch durch die Nacht.

 

Ein solcher Auftakt - dieser stille,

winzige Moment Magie -

enthält die Farb- und Formenfülle

der gesamten Symphonie.

 

Entgleitet er dem Dirigenten

und den Musikerkollegen,

wird er seinen opulenten

Zeit- und Weltentrückungssegen

 

niemals im Konzert entfalten.

Selbst der wärmste Geigenton

wird bloß in Apathie erkalten -

aller Perfektion zum Hohn.

 

Gehorcht nicht unser ganzes Leben

einer ähnlichen Regie?

Das Planen, Grübeln, Strudeln, Streben

endet oft als Havarie

 

und in stupiden Windmühlkämpfen.

Kurz: Der allerstärkste Wille

schützt uns nicht vor Seelenkrämpfen,

schöpft er nicht aus jener Stille.

 

© Marc Andeya-Trefny