zu Ludwig van Beethoven: 9. Symphonie
Öl auf Karton, Tinte, handgefertigte Faksimiles, Origamitauben
80 x 100 cm
VERSPÄTETE ODE AN L.V.B.
Prometheus unter trägen Knechten!
Feindbild greiser Rachegötter!
Musenschreck und Musenretter!
Urlicht in entseelten Nächten!
Wenn du singst, gebärt das All
nach deinem Metrum neue Welten,
wo statt Schuld und Sündenfall
nur wahre Grundprinzipien gelten:
Altruismus ohne Ende,
felsenfestes Selbstvertrauen
und ein Hang zum Brückenbauen,
gegen alle Widerstände.
Gestern sangst du noch allein
im Kerker deiner Einsamkeit.
Der Globus schien dir oft zu klein,
dein Alltagslabyrinth zu weit.
Du hörtest nichts, du hörtest mehr.
Und immer hörtest du zu viel
von unsrem penetranten Spiel,
denn wegzuhören fiel dir schwer.
Wir quälten dich mit Unverstand,
Ressentiments und blankem Hohn.
Du warst verzagt, vergrämt, verkannt.
Doch nun erreicht dich später Lohn.
Heut öffnet sich dir jede Tür.
Heut sind auch wir zum Flug bereit.
Heut sprengst du jede Mäßigkeit.
Heut singt die ganze Welt mit dir.
© Marc Andeya-Trefny