zu Alfred Schnittke: Klaviertrio, Moderato
Öl auf Karton, Acryl, Papier
80 x 100 cm
DAS MIRAKEL
Ein Wunschtraum
Im Schaltkreis der Macht gab es einst ein bizarres Blackout.
Der alte Diktator fiel um.
Er sah sich gespiegelt im Blick seiner blutjungen Braut
Schon lag er vor ihr und war stumm.
Er starb nicht; dazu war der Fechtsportler viel zu gesund.
Ihm wurde bloß klar, wer er war:
ein dumpfer Rassist, ein gehässiger Dummschwätzer und
ein affiger Bierhallenstar.
Auf einmal vermisste er Wahrheit, Erbarmen und Sinn.
Es war wie ein grässlicher Traum,
Kein Mensch, der ihn liebte! Man hasste und fürchtete ihn.
Mithin existierte er kaum.
Er roch seinen Lügenpfuhl, roch seine Egomanie.
Sie stanken wie moderndes Fleisch.
Die eigenen Hetzreden tönten als Klangphantasie -
ein quatschiges Durchfallgeräusch.
Man brachte ihn rasch in das nahe Gemeindespital.
Dort gab man ihm wildfremdes Blut.
Da fühlte auch er sich als Fremder und fand es normal.
Das tat seiner Menschwerdung gut.
Am Folgetag schlurften verängstigte Ärzte herbei
und drängten ihn höflich zu geh’n.
Aus Scham ließ er alle politischen Häftlinge frei.
Dann floh er verbittert ins Bergland der Westwalachei
und ward nie mehr wiedergeseh’n.
© Marc Andeya-Trefny